1. Historische Entwicklung
Ein wichtiger Faktor für die niedrige Eigentumsquote in Deutschland liegt in der historischen Entwicklung des Landes. Nach dem Zweiten Weltkrieg lag der Fokus auf dem schnellen Wiederaufbau und der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Der soziale Wohnungsbau spielte eine zentrale Rolle, um den Wohnbedarf der Bevölkerung zu decken. Dieser starke Fokus auf Mietwohnungen prägte die Wohnkultur und führte dazu, dass Mieten in Deutschland sozial akzeptiert und weit verbreitet sind. Auch haben Bodenreform und Lastenausgleich nach dem Krieg die Vergänglichkeit dieses Vermögenswertes gezeigt.
2. Mieterschutz und rechtliche Rahmenbedingungen
Deutschland gehört zu den Ländern mit den umfassendsten Mieterschutzgesetzen in Europa. Diese Gesetze bieten Mietern eine hohe Sicherheit und Stabilität, was das Mieten sehr attraktiv macht. Langfristige Mietverträge, Mietpreisbremse und die Möglichkeit zur Mietminderung bei Mängeln sind einige der Regelungen, die den Mietmarkt in Deutschland regulieren. Diese Rahmenbedingungen geben Mietern das Gefühl, dass sie auch ohne Eigentum eine sichere und geschützte Wohnsituation haben.
3. Finanzielle Hürden
Der Kauf einer Immobilie erfordert in Deutschland hohe Eigenkapitalquoten, in der Regel mindestens 20-30 % des Kaufpreises. Diese Anforderung stellt für viele potenzielle Käufer eine erhebliche finanzielle Hürde dar. Zudem sind die Kaufnebenkosten, v. a. die Grunderwerbsteuer, vergleichsweise hoch und müssen ebenfalls aus eigener Tasche gezahlt werden. Mit dem Anstieg der Zinsen seit Sommer 2022 sank die Eigentumsquote unter 50 %. Diese finanziellen Hürden führen dazu, dass viele Menschen den Erwerb von Wohneigentum als unerreichbar ansehen und sich lieber für die Miete entscheiden.
4. Soziokulturelle Faktoren
In Deutschland herrscht eine ausgeprägte Mietkultur, die in vielen Fällen auch durch familiäre Traditionen und soziokulturelle Einstellungen geprägt ist. Das Mieten wird oft als flexibel und praktisch angesehen, besonders für junge Menschen und Berufstätige, die häufig den Wohnort wechseln müssen. Zudem gibt es in Deutschland keine starke gesellschaftliche Erwartung, dass man im Laufe seines Lebens unbedingt Eigentum erwerben muss, wie es in anderen Ländern der Fall sein kann.
5. Stadtplanung und Infrastruktur
In vielen deutschen Städten ist die Infrastruktur gut ausgebaut. Durch große kommunale wie der freien Wirtschaft angehörende Wohnungsbaugenossenschaften und -gesellschaften gibt es eine hohe Verfügbarkeit von Mietwohnungen, v. a. in zentralen Großstadtlagen. Die Städte bieten eine hervorragende Lebensqualität mit gutem Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln, Arbeitsplätzen und Freizeiteinrichtungen. Die hohe Lebensqualität macht das Mieten in diesen Gebieten besonders attraktiv, da viele Menschen die Vorzüge des urbanen Lebens schätzen und daher keine Notwendigkeit sehen, ins Eigentum zu investieren.
6. Politische und makroökonomische Überlegungen
Auch politische Betrachtungen spielen eine Rolle. Die zunehmend von Krieg und politischen sowie wirtschaftlichen Unsicherheiten geprägte jüngste Vergangenheit hat Zögern und zeitweise eine regelrechte Stagnation in den Erwerb von Wohneigentum gebracht. Das Mieten erscheint oft vorerst sinnvoller als der Kauf einer Immobilie.
Fazit
Die niedrige Eigentumsquote in Deutschland ist das Ergebnis einer Kombination aus historischen, rechtlichen, finanziellen, soziokulturellen, politischen und wirtschaftlichen Faktoren. Während das Mieten in Deutschland eine lange Tradition hat und durch starke Mieterschutzgesetze unterstützt wird, stellen hohe finanzielle Hürden und eine gut ausgebaute städtische Infrastruktur zusätzliche Gründe dar, warum viele Deutsche das Mieten dem Kauf vorziehen. In einem Umfeld, das so stark auf den Mietmarkt ausgerichtet ist, sinkt die Eigentumsquote in angespannten Zeiten weiter, obwohl gerade die selbstbewohnte Immobile ein wichtiger Baustein der Altersvorsorge ist.
Die Mieten steigen weiter. Die Kaufpreise habe einen Dämpfer erfahren. Irgendwann kehrt sich der Trend sicher wieder um. Dafür braucht es jedoch mehr Wohnraumförderung und Planungssicherheit für Kaufwillige.
Für Investoren bietet der deutsche Immobilienmarkt dennoch oder gerade deshalb viele attraktive Möglichkeiten, insbesondere in Nischenmärkten wie Micro-Apartments, Studentenwohnungen und Pflegeimmobilien, die eine hohe Nachfrage und stabile Renditen versprechen.
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